Imke Rust: Beschwerde Rundfunkrat NDR, 10.11.23

Am 10. November 2023 habe ich, gemeinsam mit zwei weiteren Protagonist:innen des Filmes, Charlotte Zeraua und Markus Lägel, eine offizielle Programbeschwerde eingereicht:

10. November 2023

Formale Programmbeschwerde gegen die Dokumentation „Deutsche Schuld – Namibia und der Völkermord“, wegen falschen Versprechungen und Manipulation gegenüber den Protagonisten, Missrepräsentation und Voreingenommenheit, falschen Informationen und daraus resultierender Verletzung der persönlichen Ehre

Sehr geehrte Damen und Herren Rundfunkräte,

Wir (Imke Rust, Markus Lägel und Charlotte Zeraua) möchten uns als ProtagonistInnen der NDR-Dokumentation der Produktionsfirma Eikon (NDR/MDR/RBB/SWR) „Deutsche Schuld – Namibia und der Völkermord“ mit einem kurzen Statement äußern. Die Dokumentation fand statt unter der inhaltlichen Regie von Frau Silvia Palmigiano und Mitverantwortung von Christine Gerberding (NDR), Susanne Sturm (NDR), Ulrike Bieritz (RBB) und Ulrike Häfner (SWR) verantwortet wurde, und von Frau Aminata Belli als Moderatorin präsentiert.
 
Jeder Person von uns sind umfassende Gerechtigkeit und Versöhnung in Namibia wichtig – gerade im Blick auf die deutsche Vergangenheit in Namibia.
 
Wir sehen uns nun in einer Dokumentation dargestellt, die uns und unsere Absichten und Aussagen nicht in dem Sinne darstellt, wie es unserer Haltung entspricht – und wie es vorab mit uns kommuniziert und besprochen wurde. Uns wurden allen gänzlich andere Arbeitstitel und Ausrichtung für den Dreh genannt. Niemand von uns hatte das Ziel einer Dokumentation unter diesem Titel, Format und dieser Ungenauigkeit zu sein.
 
Wir empfinden, dass diese Dokumentation, wie sie erschienen ist, weder dem Thema, dem Leben in Namibia, noch uns als ProtagonistInnen gerecht wird. Dem Anliegen von Versöhnung und Gerechtigkeit hilft diese Art der Darstellung auch nicht weiter, sondern schadet ehr. Durch die Art und Weise der Dokumentation empfinden wir uns benutzt und in unser persönlichen Ehre verletzt.

Wir bitten sie dazu die einzelnen Statements von uns, die diesem Schreiben angehängt wurden und die auch an die Redaktion der NDR geschickt wurden, zu lesen.

Außerdem bitten wir ausdrücklich darum, diese Dokumentation nicht mehr öffentlich in der Mediathek oder anderswo zu verbreiten.

Mit freundlichen Grüßen,
Charlotte Zeraua (Klicken sie hier, um ihr Statement zu lesen)
Markus Lägel (Klicken sie hier um sein Statement zu lesen.)
Imke Rust – lesen sie weiter für mein Statement/meine Beschwerde:

Folgend finden sie meine Beschwerde als PDF.

Zusammengefasst geht es darin um:
1. Falsche Versprechen/Abmachungen an die sich nicht gehalten wurden.
2. Zwei Protagonisten werden für den Dreh eingeflogen… ein 3ter lebte auch nur kurzzeitig in Namibia – das soll ein authentisches Bild vor Ort sein?
3. Interview Führung und Verurteilung statt offenes Zuhören oder neutrales Berichten
4. Schuld oder Heilung?
5. Kolonialistisches Verhalten
6. Reaktionen auf Kritik und Beschwerden
7. Die posthume Verleumdung von Missionar August Kuhlmann
8. Anpassung des Filmes wirft neue Fragen und Kritik auf:„Authentisch und multiperspektivische Einblicke in das heutige Namibia.“ Ehrlich?

Fazit: Diese Dokumentation ist ein großer Vertrauensmissbrauch gegenüber den Protagonisten. Aber er stellt auch die Vertrauenswürdigkeit der Medien in Frage, wenn es so viele Ungenauigkeiten gibt und der Film sein Anspruch auf Authentizität, durch falsche Versprechen, eingeflogene Protagonist:innen und vorgegebene Drehorte verspielt.

  1. November 2023

Sehr geehrte Damen und Herren des Rundfunkrates,

Ich (Imke Rust) bin eine der Protagonisten in der NDR Doku ‚Deutsche Schuld – Namibia und der Völkermord` und will nach einer sehr unbefriedigenden Erfahrung mit dem Sender und der Produktionsfirma nun offiziell Beschwerde bei ihnen einreichen.

Mir ist bewußt, das von anderer Seite auch schon Beschwerde dazu eingegangen ist und deswegen beschränke ich meine Beschwerde nur auf ein paar wenige, aber wichtige zusätzliche Punkte aus meiner Sicht und der von anderen Protagonisten in dem Film, und bitte sie, diese im Zusammenhang mit weiteren Beschwerden zu ergänzen.

Folgende Punkte:

  1. Falsche Versprechen/Abmachungen an die sich nicht gehalten wurde:

Vier der fünf Hauptprotagonisten, sowie auch die jungen Konfirmandinnen, wurden unter falschen Versprechen zur Teilnahme an der Produktion überredet. Alle fühlten sich dann während der Dreharbeiten in bestimmte Rollen gepresst und mit einem vorgefertigten Weltbild des Filmteams konfrontiert, welches sich dann auch ganz klar in dem fertigen Film widerspiegelt.

Bitte lesen sie dazu die Aussagen von:
Charlotte Zeraua (an die NDR Redaktion geschickt am 27.10.23, Eine Kopie davon schicke ich im Anhang, mit der freundlichen Genehmigung von Frau Zeraua.)
Imke Rust (an die NDR Redaktion geschickt am 26.09.23 und gleichzeitig öffentlich auf meine Homepage gestellt. )
Markus Lägel (an die NDR und RBB Redaktionen geschickt am 7.November. Eine Kopie ist im Anhang, mit der freundlichen Genehmigung von Herrn Lägel.)
Und Naita Hishoono (TAZ Interview, 1.11.23) „So wie Naita Hishoono. Sie ist eine Sympathieträgerin des Films und wird von Belli mehrfach interviewt. Hishoono leitet­ das Namibia Institute for Democracy und ist eine der wenigen, die in der Doku konkret über die Folgen der Kolonialzeit sprechen. Aber sie wolle sich nicht instrumentalisieren lassen, sagt Hi­shoo­no am Telefon. „Es gab Momente, in denen mir die Fragen das Gefühl gaben, dass ich wütend und aufgebracht reagieren soll.“

Nicht nur thematisch, sondern auch andere Abmachung wurden immer wieder missachtet (Drehorte, kein Vorgespräch). Auch dazu können sie Details in meiner Stellungnahme lesen. Auch Frau Hishoono hat mir gegenüber berichtet, dass ihr versprochen wurde, sie bekommt die Ausschnitte in der sie vorkommt vor der Ausstrahlung zur Abnahme zu sehen. Dies wurde dann aber nicht eingehalten.

Die verantwortliche Redakteurin, Frau Gerberding, schrieb mir, das das gesamte Filmteam meine Vorwürfe abstreitet. Um die Identität zu schützen ändere ich hier den Original Text folgendermaßen: „Ein Teammitglied hat mir gegenüber ausgesagt, das es meiner Stellungnahme nicht widersprechen kann und das bei direkter Nachfrage vom Sender auch bestätigen würde.“

  1. Zwei Protagonisten werden für den Dreh eingeflogen… ein 3ter lebte auch nur kurzzeitig in Namibia – das soll ein authentisches Bild vor Ort sein?

Zwei der Protagonisten (Imke Rust und Charlotte Zeraua) leben in Deutschland und wurden extra für die Dreharbeiten eingeflogen. Ein dritter (Markus Lägel) lebte erst seit ein paar Monaten in Namibia und ist kurz nach den Dreharbeiten schon wieder zurück nach Deutschland gezogen. Also nur zwei der fünf Hauptprotagonisten (Naita Hishoono und Gift Uzera) leben und arbeiten ständig in Namibia und können so ein wahres und aktuelles Bild vom Alltag vermitteln.

Es wird von den Redakteurinnen immer wieder behauptet, der Film sei unvoreingenommen und zeigt eine Momentaufnahme von dem was Frau Belli dort ‚zufällig‘ erlebt. Es gab mehrere mögliche und auch interessante Interviewpartner in Namibia, die bereit wären an den Dreharbeiten teilzunehmen, die dann nicht ‚gebraucht‘ wurden. Statt dessen wurden Flüge, teure Transfers (von Windhoek nach Swakopmund und von Omaruru wieder nach Windhoek in meinem Fall) und Aufwandsentschädigungen an die eingeflogenen Protagonistinnen gezahlt. Belege dazu kann ich ihnen liefern.

Wie aus den Beschwerdebrief von Frau Zeraua und meiner Stellungnahme hervorgeht, standen beide dadurch, dass sie Eingeflogen wurden unter Druck, in der Annahme, das sie deswegen nicht das Interview einfach abbrechen oder verweigern konnten, ohne Gefahr zu laufen, diese Kosten zurückzuzahlen zu müssen.

Mir erzählte die Frau Palmigiano, es sei nötig mich einzufliegen, da es in Namibia niemanden sonst gäbe, der bereit war, mit ihnen zu sprechen.

  1. Interview Führung und Verurteilung statt offenes Zuhören oder neutrales Berichten

Es gab für keine der Protagonisten die Möglichkeit frei über ihre Realität und dem was ihnen wichtig ist, zu erzählen. Frau Belli leitet die Fragen, die Interviewpartner:innen konnten nur darauf reagieren und hatten am Ende kein Mitspracherecht darüber was verwendet wird und wie.

In meinem Fall wurde bewußt jede Möglichkeit, ein Vorgespräch zu führen, verhindert und so wußte ich nicht mit welchen Fragen ich konfrontiert werde. Abmachungen zu den Drehorten wurden einfach missachtet. Siehe dazu auch meine Stellungnahme, bitte. (Auch dies wird ihnen …… bestätigen.)

Abmachung die ich vorher mit Frau Palmigiano getroffen habe, zu welchen Themen ich bereit bin zu sprechen und welchen nicht, wurden dann plötzlich ignoriert. Da ich Frau Belli erst ganz kurz vor dem Dreh kennengelernt hatte, nahm ich durch ihre Fragen an, dass sie entweder dazu nicht informiert wurde oder das sie einige der Fragen aus persönlichem Interesse stellt um sich dann besser auf mich einstellen zu können. Beides war leider nicht der Fall. Ich wollte nicht unhöflich sein, nicht ahnend das sie genau diese Antworten in den Film schneiden würden.

Abgemacht war mit mir (sowie auch mit Frau Zeraua, Frau Hishoono und Herrn Lägel), das wir über die Heilung und Zukunft von Namibia sprechen. Immer mit einem leicht anderen Schwerpunkt, bei mir ging es z.B. um Heilung durch Kunst, bei Herrn Lägel um Heilung durch moderne Missionsarbeit, bei Frau Zeraua um die junge Generation und den Christlichen Glauben. Leider wurde ich bei dem Dreh nur und immer wieder mit Fragen nach Schuld unter Druck gesetzt und es gab kein Interesse an dem versprochenen Themen von Kunst und Heilung und welche Chancen und Möglichkeiten aktuell dadurch entstehen. Und das, obwohl ich Frau Palmigiano vorher ausdrücklich darum gebeten habe, nicht zu diesen Themen befragt zu werden.

Trotz meinem sehr offenen und bereitwilligen Antworten, kommentiert Frau Belli, nach ihrem Interview mit Charlotte Zeraua, das sie die einzige und erste sei, die offen über ihren Zwiespalt und der Geschichte sprechen wollte, und unterstellt damit, das alle anderen vorher, inklusive mir, das nicht getan haben. Das ist unerhört. Neben den vielen Stunden an offiziellen Interviews habe ich mich zusätzlich privat noch sehr offen, langen mit Frau Belli unterhalten als wir darauf warteten, das der Drehort im Missionshaus vorbereitet wurde.

Warum die Filmemacherin und Frau Belli es nach alledem wichtig fanden, so eine absurde und falsche Unterstellung (und Verurteilung der anderen Protagonisten) in den Film einzunehmen, wiegt doppelt schwer, nachdem uns klar wurde, das wir alle nur benutzt wurden um ihre Vorurteile und vorgefertigten Meinungen zu bebildern.

Wir alle vier Protagonisten hätten niemals an dieser Doku teilgenommen, hätten wir um die wahren Absichten und den Titel der Doku gewusst. Wir alle vier fühlen uns in unserem Selbstverständnis falsch dargestellt und unser Vertrauen missbraucht.

Die wirklich tendenziösen ‚Einordnungen‘ von Frau Belli nach jedem Interview, empfinden wir als anmaßend und ungerecht.

  1. Schuld oder Heilung?

Es wird im Text zum Film gefragt: Wie heilt ein Land, in dem Ungeheuerliches geschehen ist?
Leider wird im Film ein ganz anderer Schwerpunkt gesetzt. Schon der Titel lässt kaum Zweifel darüber, worum es eigentlich in dem Film wirklich geht: anscheinend nämlich ehr darum Schuld zuzuweisen und die Gräben tiefer zu reißen. Er bedient und verstärkt Vorurteile gegen die deutschsprachige Minderheit in Namibia.

Dabei werden bewusst die vielen gemeinschaftlichen Initiativen von z.B. Namibiern und Deutschen, oder von deutschsprachigen Namibiern und anderen Namibiern ausgeblendet, und nicht einmal am Rande erwähnt. Es gibt davon zig Beispiele, von Suppenküchen, Kindergärten, Schulen, Kunst und Kulturprojekten, landwirtschaftliche Projekte und weiteren privaten Initiativen zu Unterstützung der ehemals benachteiligten Teile der Gesellschaft etc.

Es gibt auch ein klares Bekenntnis der namibische Regierung zur ‚nationalen Versöhnung‘ nach der Unabhängigkeit. Und starke Bemühungen durch Affirmative Action Gesetze und der Landreform bestehenden Ungerechtigkeiten friedlich entgegenzuwirken. (Mehr Info dazu z.B. unter: Erika von Wietersheim in Im Schatten des Genozids.

Die Protagonisten, die darauf vorbereitet waren zu dem Thema Heilung zu sprechen, kommen dazu fast gar nicht zu Wort. Auch sonst vermisse ich irgendeine ehrliche und konstruktive Annäherung oder Heilungsansätze, von denen wir Namibier viele vorzuzeigen hätten.

  1. Kolonialistisches Verhalten

Die namibische (SWAPO) Regierung hat Denkmäler entfernt, andere stehen gelassen und neue gebaut, sie ändern Straßennamen oder sogar Städtenamen. Dieses sind Entscheidungen eines souveränen, unabhängigen Staats. Man kann diese Entscheidungen gut heißen oder auch nicht.

Aber, es ist ungeheuerlich und anmaßend, wenn eine Frau Belli (oder Frau Palmigiano oder die Sender), als Vertreterin der ehemaligen Kolonialmacht und des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die weder das Land kennt, noch dort lebt oder irgendeine Beziehung dazu hat, kurz mal nach Namibia reist, dort eine Minderheit auf passiv-aggressive Weise kritisiert und gleichzeitig Forderungen (an den namibischen Staat) stellt, das Straßennamen geändert werden müssen, Denkmäler abgerissen und die Lehrpläne in den namibischen Schulen nach ihren Vorstellungen geändert werden sollen.

Diese Bevormundung als deutscher Gast in einem fremden Land zeugt nur davon wie wenig Feingefühl, Anstand oder journalistische Prinzipien Frau Belli, Frau Palmigiano und die Redakteure der verantwortlichen Sender haben.

  1. Reaktionen auf Kritik und Beschwerden

Inzwischen gibt es drei vernichtende Medienbeiträge, und eine Vielzahl von direkten Beschwerden, die die Machart, Oberflächlichkeit und Fehlerhaftigkeit der Doku kritisieren oder in Frage stellen.

Kurze Ausschnitte aus den Medien:
taz: Schuldfrage ohne Zwischentöne 1.11.23
Die Art, mit der Aminata Belli in der NDR-Dokumentation „Deutsche Schuld – Namibia und der Völkermord“ ihrem Gesprächspartner über den Mund fährt, sagt viel über den Film in Regie von Silvia Palmigiano. Die Rollen sind klar verteilt. Für Zwischentöne ist kaum Platz. Dabei geht es um nichts Geringeres als die Frage der Verantwortung der christlichen Mission an der Kolonisierung auf dem Gebiet des heutigen Namibias und dem Völkermord an Ovaherero und Nama.

Süddeutsche Zeitung, 1.9.23: Kurz mal runtergeflogen
Die Doku “Deutsche Schuld” versucht sich am schweren Thema des von deutschen Kolonialtruppen verübten Genozids an den Herero und Nama in Namibia – und scheitert.

epd medien, Jenseits von Windhuk, 13.10.23
„In „Deutsche Schuld – Namibia und der Völkermord“ sind so viele Schwächen
komprimiert, dass der Film in Seminaren zur Produktion von Fernsehdokumentationen als Negativbeispiel dienen könnte.“

Mir ist auch bewußt, das außer meinem eigenen, noch viele weitere Beschwerdebriefe and die NDR gingen. Trotz offensichtlichen, groben Fehlern und wirklich gerechtfertigter Kritik, waren die Antworten die mir zu Augen gekommen sind (von Frau Gerberding) immer wieder unzureichend.

In meinem persönlichen Fall wurde sich nur für die falsche Behauptung, meine Vorfahren seine vor 100 Jahren eingewandert, entschuldigt. Und dann erst, nach dem zusätzlichen, öffentlichen Druck wurde diese Stelle auch geändert – was ich über andere erfahren habe und nicht direkt von der Redaktion.

Alles andere finden sie ‚redaktionell vertretbar.’ Des weitern wird mir unterstellt, alles sei ein Missverständnis und das wäre auf meine falsche Erwartungshaltung zurückzuführen. Nachdem ich mich mit anderen Protagonisten und ….. ausgetauscht habe, weiß ich, das es nicht nur mir so erging.

Schwerwiegend auch die Behauptung: das Team würde meine Version (des Verlaufs) entschieden zurückweisen. Es stünde also Aussage gegen Aussage.

Um die Identität zu schützen ändere ich hier den Original Text folgendermaßen: „Ein Teammitglied hat mir gegenüber ausgesagt, das es meiner Stellungnahme nicht widersprechen kann und das bei direkter Nachfrage vom Sender auch bestätigen würde.“

Immerhin ist Frau Gerberding meiner Bitte nachgekommen, den absurd Verkürzten Ausschnitt von meinem Interview von YouTube zu entfernen. Dies aber nur mit dem ausdrücklichen Hinweis, das sie das nur aus Entgegenkommen mir gegenüber tun und hoffen, das die Lage sich dadurch entspannt.

  1. Die posthume Verleumdung von Missionar August Kuhlmann

Unakzeptabel für unsere Familie ist weiterhin, die Unterstellung im Film, dass mein Urgroßvater im besten Falle nichts getan und im schlimmsten Falle Herero getötet hätte.

Frau Gerberding erklärt dazu, vieles muss verkürzt dargestellt werden und rechtfertigt sich damit, dass sie später im Text ja auch auf seine Hilflosigkeit hingewiesen hätten. Er war gerade nicht Hilflos, sondern hat aktiv und gegen die Vorgaben und Regeln der Mission gehandelt!
Er hat als einziger Zivilist die Gräueltaten die er in den Lagern gesehen hat in einem 18 Seiten langen Brief öffentlich gemacht, er hat sich danach offiziell geweigert Herero in die Lager zu schicken und er hat Briefe an General von Trotha geschrieben um Gnade für die Hereros zu erwirken… er hat vieles gemacht, leider aber vieles dann doch nicht als einzelner verhindern können.

Unsere Familie findet, wenn man ihn namentlich in so einer Dokumentation heraushebt, dann muss man auch auf seine/diese besondere Rolle genau hinweisen. Sonst hätte man auch allgemein von ‚den Missionaren’ reden können, die nichts getan haben. Unsere Familie hätte niemals zugestimmt, das so über ihn berichtet wird, hätten wir gewusst wie er als Beispiel für einen allgemeinen Schuldvorwurf gegen die Missionare missbraucht wird. Und ginge es nicht um meinen Urgroßvater, (und dessen besondere Rolle wie es mir vorher zu verstehen gegeben wurde,) hätte ich auch nicht an dem Film teilgenommen.

  1. Inzwischen wurde der Film leicht angepasst und es gibt dazu eine neue Anmerkung der Redaktion im begleitenden Text. Dadurch sehe ich mich leider genötigt auch noch einmal darauf einzugehen:

Die Redaktion schreibt: „Sie (Belli) macht ihr Ziel gleich zu Beginn des Films deutlich: über den begangenen Völkermord offen zu sprechen.“ Was Frau Belli gleich am Anfang des Films klar macht, wurde leider nicht den Protagonisten vorher oder während den Dreharbeiten klar gemacht, sondern uns (Markus Lägel, Naita Hishoono, Charlotte Zeraua und mir) wurde erzählt das es um Heilung geht und was die heutige Generation dazu beiträgt, zB durch Kunst oder Glauben. Wir alle wurden unter einem falschen Vorwand dazu überredet teilzunehmen. Keiner von uns hätte unter dem Titel und dem Themenschwerpunkt so daran teilgenommen.

Die Redaktion schreibt: „Sie verfolgt das Ziel sachlich…“ finde ich nicht, wenn sie zu mir z.B. sagt, sie „finde es krass das ich sage das es unsere Geschichte ist und nicht eure.“ Solche ‚krassen’ Bewertungen sind nicht sonderlich sachlich in meinen Augen. Guter, sachlicher Journalismus würde wohl ehr nachfragen: wie meinst du das? Warum sagst du das?

Vielleicht ist die Gesprächsführung respektvoll, wie die Redaktion behauptet, die Ab-moderationen dahingehend nicht. ( z.B. „Imke und ich scheinen unterschiedliche Wahrnehmungen zur Kolonialgeschichte zu haben.“- so eine unbelegte Aussage in den Raum zu stellen und dabei subtil vermitteln, Imke Rust ist verkehrt und sie richtig hat nichts mit Respekt meiner Person gegenüber zu tun… Oder Markus würde ausweichend antworten während sie (Belli) erst kurz da ist und für sie doch alles schon klar sei…. Oder Charlotte wäre die erste und einzige die bereit war offen über den Zwiespalt zu sprechen – was sagt das über die andern aus?)

Die Redaktion verwahrt sich gegen unsachliche und auch persönliche Kritik an Frau Belli. So weit ich es verfolgt habe kam unsachliche Kritik in keinen der öffentlichen Briefe, Medienberichte oder Stellungnahmen vor. Persönlich war die Kritik zum Teil schon.

Wie kann es auch anders sein, wenn der Film aus einer ICH-Perspektive erzählt wird und sie dabei so sehr im Mittelpunkt steht, dass man davon ausgehen muss, das sie auch persönlich für den Inhalt des Films steht. Sonst hätte man kennzeichnen müssen, das sie als Schauspielerin eine fremde Rolle spielt.

Sich dann gegen persönliche Kritik Frau Belli gegenüber zu verwahren, dabei aber gleichzeitig billigend und bewusst in Kauf zu nehmen, durch die falsche und tendenziöse Darstellung uns Protagonist:innen großer öffentlicher (und oft sehr unsachlicher) Kritik auszusetzen, sagt zusätzlich zu dem ganzen Verlauf der Machart dieser Doku sehr viel aus.

Der eine große Unterschied ist, dass wir Protagonist:innen keinerlei Einfluss auf die Planung oder die finale Darstellung in dem Film hatten. Wir waren der Machtposition der Regisseurin und der weiteren Redaktion komplett ausgeliefert, während Frau Belli sehr wohl durch ihre Aussagen Einfluss darauf hat, wie und was sie sagt und in welchem Zusammenhang es geschnitten wird.

Die Redaktion behauptet es seien: „Authentisch und multiperspektivische Einblicke in das heutige Namibia.“ Ehrlich?
Wenn zwei (2!) von fünf Protagonist:innen aus Deutschland extra für den Dreh eingeflogen werden, ein 3ter nur für ein paar Monate da ist…?

Und Naita Hishoono sagt, die Fragestellung war immer wieder so angelegt, das sie als ‚Wütende schwarze Frau‘ reagieren soll….(taz)? Und am Ende kommt sie trotzdem auch so rüber.

Der Schmuckverkäuferin im Prinzip durch die Fragen suggeriert wurde was sie sagen soll. Hätte man ihr die gleichen Fragen zB zur namibischen Regierung oder der Apartheidsgeschichte gestellt, unterstelle ich, würde sie die gleichen Antworten auf diese beziehen.

Die Konfirmandinnen standen unter dem Eindruck, dass das Gespräch um ihren Glauben gehen soll…

Keiner der Protagonisten durfte frei erzählen was uns wichtig ist, was wir zu dem Thema Heilung denken oder zu sagen wünschen. Wir konnten nur auf die Fragen reagieren die uns gestellt wurden, und die hatten leider mit unserm Verständnis und Einblicken in das heutige Namibia und was uns wichtig ist, wenig zu tun.

„Gift will mir einen wichtigen Ort der Herero zeigen“ sagt Frau Belli. Aber er weiß nicht mal wo der ist – also war das doch wohl nicht seine Idee, oder?

Wenn die Orte die ich als Protagonistin auswähle und zeigen will, ignoriert und nach den Vorstellungen der Regisseurin geändert werden… (siehe meine Stellungnahme).

Wenn das Filmteam und Frau Belli, die alle keinen wirklichen Bezug oder Info zu Namibia oder der dortigen Kolonialgeschichte haben, die Welt erklären und die Sicht der Protagonisten einordnen und bewerten ohne das sie sich mit Namibia oder dessen Geschichte wirklich auskennen?

Das wollen die Verantwortlichem ihrem Publikum ernsthaft als ‚Authentisch und multiperspektivisch‘ verkaufen?

In den neuen Anmerkungen zum Film wird sich an keiner Stelle für die Fehler entschuldigt. Es wird nicht klargestellt, das es einen Transparenzhinweis zur Bearbeitung deswegen gibt, weil sie so viele Fehler gemacht haben und die Kritik daher berechtigt war.

Es zeugt für mich leider wieder einmal von der überheblichen Art mit der sie uns Protagonisten und den Namibiern, (und auch dem deutschen Publikum im allgemeinen) während des Drehs und nun weiterhin begegnen.

Ich finde es immer noch unverständlich, dass sie die allgemeine und offensichtliche Kritik (direkt oder in den Medien) einfach ignorieren und nur ein paar kleine kosmetische Fehler ausbessern. Sie wollen einfach nicht eingestehen, dass gerade diese Art mit Menschen und dem Publikum umzugehen, die offensichtliche Erklärung ist für die vorwurfsvolle Äußerung von Frau Belli im Film: ‚keiner wollte mit uns sprechen‘.

Nach diesem Film werden es noch sehr viel weniger Menschen für nötig halten, sich offen von irgendeinem Fernsehteam interviewen zu lassen.


Diese Dokumentation ist ein großer Vertrauensmissbrauch gegenüber den Protagonisten. Aber er stellt auch die Vertrauenswürdigkeit der Medien in Frage, wenn es so viele Ungenauigkeiten gibt und der Film sein Anspruch auf Authentizität, durch falsche Versprechen, eingeflogene Protagonisten und vorgegebene Drehorte verspielt.

Ich bitte daher ausdrücklich darum, diese Dokumentation nicht mehr öffentlich in der Mediathek oder anderswo zu verbreiten.

Mit freundlichen Grüßen,
Imke Rust